Elsterbrücke Osendorf: Eine PreCoBeam-Brücke mit feuerverzinkter Stahltragstruktur

Die Elsterbrücke Osendorf ist die erste Brücke in Deutschland, die in PreCoBeam-Bauweise mit feuerverzinkter Stahltragstruktur ausgeführt wurde. Auf Grundlage von aktuellen Forschungsergebnissen konnte die Ermüdungsfestigkeit der dynamisch beanspruchten Stahlbauteile beurteilt werden.

Beschreibung

Eine schlanke Konstruktion gesucht

Das Brückenbauwerk befindet sich in Sachsen-Anhalt (DE) südöstlich von Halle in dem Ortsteil Osendorf. Es überführt einen Wirtschaftsweg im Zuge der Wilhelm-Grothe-Straße über die Weiße Elster und bildet die Zufahrt zum Naturschutzgebiet „Burgholz“ im Überschwemmungsgebiet der Saale-Elster-Aue. Das alte, dreifeldrige Bauwerk aus dem Jahre 1950 war aufgrund von Flutschäden zu ersetzen.

Um die Abflussparameter der Weißen Elster und die Zwangspunkte aus der Gradiente im Anschluss an den Bestand einzuhalten, erforderte die Gesamtsituation eine sehr schlanke Konstruktion. Daher wurde die neue Brücke als einfeldriges Rahmenbauwerk mit einer Stützweite von 21,00 m konzipiert und stellt somit den idealen Einsatzbereich für die PreCoBeam- Bauweise dar.

Die PreCoBeam-Lösung

Sehr wirtschaftlich wird die Bauweise, durch den Einsatz halbierter Walzprofile, wobei diese über die Verbunddübelleisten in einen Betonsteg variabler Höhe einbinden. Ist das Profil im Vergleich zur Fertigteilträgerhöhe gedrungen, spricht man von einer (T-förmigen) externen Bewehrung, so auch bei dieser Brücke. Der Überbau besteht aus zwei Fertigteilträgern mit externer Bewehrung, die nach dem Einheben mit einer Ortbetonplatte ergänzt wurden.

Nebeneinander liegend ermöglichen sie eine Fahrbahnbreite von 3,5 m mit zusätzlich beidseitigen Kappen von 0,75 m Breite.

Die Konstruktionshöhe beträgt in Brückenmitte 0,70 m und am Widerlager 1,40 m. Die Gründung des Bauwerks erfolgte als Tiefgründung mit je fünf Bohrpfählen ø90 cm und Längen von 7,50 m.

Die Bemessung erfolgte nach DIBt-Zulassung Z-26.4-56, die speziell für diese Bauweise gilt.

Konstruktionshöhe: 0,70 m – 1,40 m
Stützweite: 21,00 m
Schlankheit: l/30 – l/15
Kreuzungswinkel: 100 gon
Gründung: Bohrpfähle ø90 cm

Korrosionsschutz

Um Schäden am Korrosionsschutz der Stahlträger zu minimieren, wurde anstatt einer organischen Beschichtung die robustere Feuerverzinkung vorgesehen. Zudem haben aktuelle Forschungsergebnisse gezeigt, dass der Korrosionsschutz über die gesamte Nutzungsdauer (100 Jahre) gewährleistet werden kann.

Um Folgekosten für Reparaturen und Instandsetzungen auszuschließen, war es daher das Ziel, feuerverzinkte Stahlträger auch bei der PreCoBeam-Bauweise einzusetzen. Die externe Bewehrung wurde aus zwei Profilen HD320x300 der Stahlsorte S355ML hergestellt.

Walzprofile: HD320x300
Länge: 20,38 m
Stahlgüte: S355ML
(Eignungsklasse 3 zum Verzinken gem. EN 10025-4)

Bei der Stahlauswahl wurde auf die Verzinkbarkeit geachtet, die üblicherweise durch die Einhaltung folgender Spezifikation für den Silizium- und Phosphorgehalt gegeben ist: 0,14 = Si = 0,35 und P = 0,035 Gewichtsprozent.

Zusätzlich sollte der Gehalt von Aluminium auf unter 0,03 Gew.-% begrenzt werden. Bei Walzprofilen von ArcelorMittal Europe - Long Products ist diese Anforderung in aller Regel erfüllt.
Die Profile wurden vollständig und einbaufertig im ArcelorMittal Anarbeitungszentrum Eurostructures (Luxemburg) bearbeitet. Die Träger wurden zunächst mit einem Klothoidenschnitt halbiert und im Folgenden mit dem Stichmaß von 1,08 m überhöht. Anschließend wurden Stirnplatten und Steifen, sowie Abtropfbleche angeschweißt, wobei die für die Verzinkung notwendigen Öffnungen bzw. Freischnitte direkt vorgesehen wurden.

Aus Transportgründen wurden die Träger in der Länge geteilt, so dass insgesamt vier T-förmige Profile entstanden. Diese Längen konnten am Stück verzinkt werden, da die häufig verfügbaren Maximallängen der Verzinkungskessel von etwa 16 m eingehalten wurden. Jedes Profil erhielt zwei Löcher ø25 mm in den Stahlzähnen als Aufhängemöglichkeit für den Verzinkungsbetrieb.

Die minimal erreichten Schichtdicken wurden jeweils an den Flanschunterseiten mit ca. 350 µm gemessen. An den Oberseiten wurden auch größere Schichtdicken mit bis zu 600 µm festgestellt. Die minimale Schichtdicke von 200 µm für eine rechnerische Schutzdauer von 100 Jahren wurde somit problemlos erreicht. Eine signifikante Veränderung der Überhöhung bzw. ein Verzug konnte durch das Verzinken nicht festgestellt werden.

Anarbeitung & Vorteile von Walzprofilen

Nach dem Transport zur Baustelle wurden die vier halben Profile in die vorbereitete Schalung gehoben. Das Schweißen der Stumpfstöße erfolgte nach kompletter Ausrichtung der halbierten Träger in der Schalung.

Die Ausführung des Korrosionsschutzes im Bereich der Montage-Schweißstöße orientierte sich an dem in kürzlich abgeschlossener Forschung entwickeltem Verfahren. Nach dem Schweißen wurden die Schweißnähte planeben geschliffen und die Flächen im Abstand von ca. 110 mm um den Stumpfstoß mit Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 3 gestrahlt. Anschließend wurde eine Spritzverzinkung auf die gestrahlten Flächen und einige Millimeter überlappend bis auf die Feuerverzinkung aufgebracht. Die Überlappungsflächen der Feuerverzinkung wurden zuvor gesweept. Als Abschluss wurde eine dünnflüssige Versiegelung zum Verschließen der Poren der Spritzverzinkung appliziert.

Die Nutzung von Walzprofilen mit klarer Geometrie und ohne aufwändige Schweißverbindungen ist besonders vorteilhaft im Hinblick auf den späteren Verzinkungsprozess. Während die Schnittflächen bei aus Blechen zusammengesetzten Trägern nach dem thermischen Schneiden mechanisch nachgearbeitet werden müssen, damit eine ausreichende Zinkannahme möglich ist, ist dies bei der Verwendung von Walzprofilen nicht erforderlich. Auch die Gefahr eines Verzugs aus Schweißeigenspannungen besteht nicht.

Projektinformationen

  • Halle/Saale
  • Deutschland
  • 2017
  • Planer:
    ssf Ingenieure AG
  • Bauherr:
    Stadt Halle, Straßen- und Brückenbau.
  • Bauunternehmen:
    OST BAU; Osterburger
    Straßen-, Tief- und Hochbau GmbH
  • Verzinkung:
    Voigt & Schweitzer Landsberg
  • Text:
    ArcelorMittal Europe - Long Products
  • Fotos:
    Florian Schreiber Fotographie & ArcelorMittal