Immobilie Kons: Innovative Stahlverbundlösung für komplexe, innerstädtische Lage

Die Kombination von Verbunddeckenblechen Cofraplus 220 und SFB-Flachdeckenträgern von ArcelorMittal erwiesen sich als die ideael Tragwerkslösung für die komplexen Anforderungen des Immobilienprojekts KONS in Luxemburg-Stadt. Der enge Zeitrahmen, die Begrenzung von Gebäudehöhe und -gewicht, schwierige Baustellengegebenheiten sowie zahlreiche baubehördliche Auflagen stellten das alle am Planungs- und Bauprozess Beteiligten vor Herausforderungen.

Beschreibung

Ausgangslage und Planungsprozess

Das als Galerie Kons bekannte Gebäude wurde in den 30er Jahren als Hotel erbaut. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es erweitert, in den 90er Jahren wurde es grundlegend umgebaut und ein Einkaufszentrum im Stil einer Galerie integriert. Außerdem bot es Büroflächen und eine Tiefgarage in einer attraktiven, zentralen Lage an.

Der Abriss des bestehenden Gebäudes und der Bau einer neuen Immobilie wurde 2013 beschlossen, da das Raumkonzept (mit großen Hallen und Zwischengeschossen) den modernen Anforderungen des Immobilienmarktes nicht mehr entsprach und die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Umnutzung nicht gegeben waren. Die Planung begann im Frühjahr 2013, der Rückbau startete im Mai 2014 und dauerte ein Jahr. Das neue Gebäude wurde Ende 2016 fertiggestellt.

Die enge Zusammenarbeit von Bauherrn, Investoren, Architekten, Projektmanager, Ingenieurbüro und dem Generalbauunternehmer mit internen und externen Fachplanern, inspiriert in dem niederländischen „Bouwteam“-Ansatz, und der integrative Planungsprozess waren der Schlüssel zur Erfüllung der Anforderungen des Investors und die Auflagen der Verwaltung.

Das neue Gebäude: Mischnutzung, modern und nachhaltig

Das neue Gebäude verfügt über bis zu 7 Stockwerke und bis zu 5 Untergeschosse. Auf einer Grundfläche von 4.400 m2 bietet es 14.600 m2 Büroflächen, 2.400 m2 Geschäftsbereich im Erdgeschoss, 8.300m2 Parkflächen in Form einer Tiefgarage und 3.500 m2 Wohnfläche auf dem hinteren Bereich des Grundstücks. 

Die Anforderungen an Entwurf und Bau des neuen Gebäudes waren hochkomplex. Einerseits mussten strenge Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden, um das angestrebte BREEAM Excellent Zertifikats zu erhalten. Andererseits stellten der enge Zeitplan, die innerstädtische Lage mit schwieriger Zufahrt und beschränktem Platz zur Baustofflagerung, und die zahlreichen technischen und rechtlichen Einschränkungen das Bouwteam immer wieder vor Herausforderungen. Durch die genaue Planung, die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und den Einsatz von innovativen Baulösungen konnten all diese Schwierigkeiten allerdings zur Zufriedenheit aller gelöst werden.

Folgende Maßnahmen wurden gesetzt, um die Projektanforderungen zu erfüllen:

  • Der Einsatz von Tragwerkslösungen mit geringem Gewicht reduziert allgemeine Lasten und vermeidet kostenintensive Verstärkungsmaßnahmen der bestehenden Untergeschosse -5, -4 und -3.
  • Ein zurückgesetztes, oberstes Stockwerk (Staffelgeschoss) ermöglichte es, die begrenzte Fassadenhöhe einzuhalten, welche die städtischen Bauvorschriften vorsehen.
  • Trotz der begrenzten Gebäudehöhe konnte die vom Bauherren geforderte lichte Geschosshöhe von 2,7 m eingehalten werden, um das Wohlbefinden zu garantieren und gleichzeitig genügend Platz für die technische Gebäudeausstattung und die schallschutztechnischen Anforderungen an die Rohdecken im Bürobereich (Doppelböden und abgehängte Decken) von R(W) = 53 dB zu berücksichtigen.
  • Die Deckenstärke wurde reduziert und optimiert, damit die REI 90 Brandschutzanforderungen erreicht werden konnten und die technische Gebäudeausstattung integriert werden konnte.
  • Ein Stützenraster von 5,4 m erlaubt eine flexible und moderne Gestaltung von Büroräumen.
  • Die hinterlüftete, vorgehängte Fassade aus hochwertigem Naturstein (Jura aus Deutschland) entspricht den Material- und Schallschutzvorschriften und den örtlichen Bauvorschriften zur Einhaltung einer gewissen ästhetischen Uniformität am Place de la Gare.
  • Alle Bauvorgänge und die Baustellenlogistik mussten minutiös geplant werden. (Geringer Lagerplatz, nur gelegentliche Straßensperren am Wochenende aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, Baulärmreduzierung, etc.)

Die Deckenkonstruktion: Verbund vs. Beton

Die Deckenkonstruktion des gesamten Gebäudes war ursprünglich als massive Betonflachdecke aufgelagert auf Betonträger und -stützen geplant, alternativ stand der Einsatz von Spannbetonhohldielen-Fertigteilen zur Diskussion.

Obwohl dieser Entwurf die Gewichtseinschränkungen erfüllte, konnte allerdings der Platz für die Gebäudetechnik (besonders in den Büro- und Geschäftsräumen) nicht garantiert werden. Eine weitere Schwierigkeit ergab sich aus der Baustellenbegebenheit mit kompliziertem Zugang und wenig Platz: das Abladen und die Lagerung der langen Fertigelemente aus Beton hätten zu Komplikationen geführt.

Mithilfe der technischen Fachabteilung von ArcelorMittal konnte eine weitere alternative Lösung präsentiert werden. Sie bestand in einer Stahl-Beton-Verbunddecke, mit einem in das Deckensystem integrierten Verbundträger. Dank der zahlreichen Vorteile, die diese Lösung mit sich brachte, wurde sie schlussendlich für die Deckenkonstruktion der Büro- und Geschäftsräume ausgewählt, die den Hauptteil des neuen Gebäudes ausmachen.

Die Stahlverbundlösung von ArcelorMittal: integrierte SFB-Flachdeckenträger und Cofraplus 220

Die Lösung besteht aus Flachdeckenträgern (SFB-Träger), die auf Basis handelsüblicher HE220B- HE200B- bzw. HE180B-Profile gefertigt wurden, indem eine zusätzliche Stahlplatte (420 x18 mm bzw. 400 x 18 mm) untergeschweißt wurde. Für den Baustahl wurde überwiegend Stahl der Güten S355 und S460 verwendet. Die Verbundtragwirkung wird durch aufgeschweißte, zweireihig angeordnete Kopfbolzendübel (Ø 19 mm) erzielt. Durch eine in den Kammern der Slim-Floor-Trägern eingelegte Längsbewehrung wird die Tragfähigkeit der Träger für den Lastfall Brand erhöht und somit die Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse R90 erfüllt.

Bei den quer zu den Trägern verlaufenden Deckenfeldern wurden Trapezblechprofile vom Typ Cofraplus 220 (Bauaufsichtliche Zulassung Z-26.1-55) mit 1,25 mm Blechdicke verwendet, die im Bauzustand, d.h. während der Betonage, ohne weitere Unterstützung als Einfeldträger agieren. Im Endzustand wirkt die insgesamt 32 mm dicke Decke durch die eingebrachte Stützmomentbewehrung über dem Träger in dieser Richtung als Durchlaufträger. In die Rippen der Bleche wurden zusätzlich zwei Bewehrungslagen eingebaut, von denen die obere für die Sicherstellung der Feuerwiderstandsdauer R90 erforderlich ist.

Die runden Innenstützen wurden im Grenzzustand der Tragfähigkeit als Stahlstützen dimensioniert. Zur Sicherstellung der Feuerwiderstandsdauer und zur Erfüllung der architektonischen Anforderung runder Stützen erhielten die Stahlprofile eine Betonummantelung.

Diese Stahlverbundlösung bietet zahlreiche Vorteile, sowohl für den Gebäudeentwurf als auch für die Baustellenabläufe:

- Statische Vorteile: Geringeres Deckengewicht, reduzierte Deckenhöhe und größere Spannweiten

Aufgrund der Rippenform der Profiltafeln konnte das Gewicht der gesamten Deckenkonstruktion reduziert werden (<360 kg/m2). Dies wiederum führte dazu, dass kleinere Tragwerkselemente eingesetzt werden konnten, was wiederum eine generelle Einsparung von Gewicht und Material zur Folge hatte. Somit konnten sowohl die Logistik auf der Baustelle optimiert als auch positive Punkte in Bezug auf Nachhaltigkeit für BREEAM gesammelt werden.

Obwohl die Deckenhöhe von 32 cm (+15 mm der Untergurtplatten der SFB-Träger) sich nicht viel von der ursprünglich geplanten Betondecke unterscheidet, bietet diese Stahlverbundlösung dennoch einen wichtigen Vorteil bezüglich der Gebäudetechnik und Versorgungsleitungen. Deren Verlauf und Kreuzungspunkte können nämlich in den Rippen der Verbunddeckenbleche geführt werden, was eine flachere Installationsebene und somit eine geringere Deckenhöhe zur Folge hat. Mit Einbeziehung der Doppelböden und abgehängten Decken konnte die geforderte lichte Raumhöhe von 2,7 m erreicht werden.

Außerdem ermöglicht diese Lösung größere Stützweiten (5,4 m) was die Flexibilität der Büroflächen steigert.

- Vorteile auf der Baustelle: Weniger Transporte, geringer Platz für Lagerung und einfache Verlegung

Im Vergleich zu der ursprünglich geplanten Betondeckenlösung konnte eine erhebliche Reduktion der Baustellenlogistik erreicht werden: Da bis zu 30 Profiltafeln auf einen LKW gestapelt werden können, können in nur einer Fahrt 1.500 m2 Deckenbleche transportiert werden.

Aufgrund der geringeren Dimensionen benötigen die Tragwerkelemente aus Stahl weniger Lagerplatz auf der Baustelle, was in diesem Fall auch von großem Vorteil war.

Die Slim-Floor-Träger wurden einbaufertig geliefert, die Bewehrung wurde bereits im Werk in die Kammern der Träger eingebracht, um den Montageablauf auf der Baustelle zügiger zu gestalten.

Dank ihres geringen Gewichts (16 kg/m2) konnten die Profiltafeln händisch verlegt werden, ohne die Notwendigkeit eines Baukrans. So konnten pro Team und Tag 400m2 Deckenfläche verlegt werden. Sobald die Profile befestigt und angeschraubt waren, konnten sie als Arbeitsbühne und Schalung verwendet werden, zusätzliche temporäre Stützen waren im Standard-Stützenraster von 5,4 m nicht nötig.

Ideal für Büro- und Geschäftsräume

Diese Stahlverbundlösungen wurde für alle Büro- und Geschäftsflächen des Gebäudes eingesetzt. Die Parkflächen in der Tiefgarage wurden mit Ortsbeton realisiert und, wo es notwendig war, mit HEB 650 Profilen in Güte S 460 verstärkt. Aufgrund des unregelmäßigen Rasters der tragenden Wände und der speziellen Schalldämmungsanforderungen wurde das Deckensystem im Wohnungsbereich des Gebäudes ebenso in Ortsbeton ausgeführt.

Projektinformationen:

  • Luxemburg-Stadt
  • Luxemburg
  • 2016
  • Architekten:
    M3 Architectes
  • Ingenieurbüro:
    Schroeder & Associés Ingènieurs -conseils
  • Stahlbau:
    Stahbau Ziemann GmbH
  • Verlegung Verbunddeckenbleche:
    ME-DA-WA System & Elementbau
  • Generabauunternehmen:
    CLE, Westside Village & LUX TP S.A.
  • Bauherr:
    AXA Real Estate
  • Projektenetwicklung:
    PEF KONS Investment S.A. Luxembourg,
    BPI Luxembourg S.A. Strasse,
    Immobel, Brussels
    Besix Red – Real Estate Development, Luxembourg
  • Fotos:
    ©ArcelorMittal Europe/C. Radermacher
  • Text: 
    C. Radermacher, M. Braun, Dr. M. Schäfer, R. Hettinger & Constructalia