Europäisches Patentamt in Den Haag: ein Wahrzeichen mit HISTAR® -Stahl

Das neue Bürogebäude des Europäischen Patentamts (EPA) im niederländischen Rijswijk bei Den Haag ragt 107 Meter in den Himmel. Dieses Wahrzeichen mit kühner, zeitgemäßer Architektur und einer modernen, nachhaltigen Infrastruktur ersetzt das Hochhaus von 1973, in dem das EPA zuvor untergebracht war. Für die Stützen und andere Komponenten des Stahltragwerks wurden hochfeste HISTAR®-Stahlprofile von ArcelorMittal eingesetzt.

Beschreibung

Zeit für Veränderung

Nach mehreren Jahrzehnten der Nutzung wies das bestehende EPA-Gebäude Abnutzungserscheinungen auf, die Spuren der Zeit und des windigen und regnerischen Klimas hatten an dem Hochhaus genagt. So entschied man sich, ein neues Bürogebäude für das Europäische Patentamt zu errichten, um den Mitarbeitern einen hochmodernen, nachhaltigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und das Engagement des EPA für die Unterstützung von innovativen Technologien in Europa zu symbolisieren.

Das neue EPA-Gebäude besteht aus zwei Konstruktionen, die als New Main und New Hinge bezeichnet werden. Das New Main ist mit 10 000 Tonnen Stahl die größte Stahlkonstruktion, die jemals in den Niederlanden gebaut wurde. Hinter diesem Hochhaus befindet sich, durch einen Korridor verbunden, das vierstöckige New Hinge, in dem eine Erweiterung des Restaurants, acht Tagungsräume und ein neuer Fitnessbereich untergebracht sind.

Glas, Stahl, Pflanzen und Farbe sind herausragende Merkmale des neuen Designs. Als Hauptbaumaterial wurde Stahl gewählt, da er eine schnelle und relativ geräuscharme Konstruktion ermöglicht, sein geringes Gewicht Vorteile gegenüber Beton bietet und eine größere Flexibilität bei der Raumplanung bietet.

Ein architektonisches Design von edlem Maßstab

Die bekannten Architekten Jean Nouvel und Diederik Dam entwarfen das neue EPA-Gebäude als Flaggschiff von erhabener Größe und Proportionen mit geometrischer Abstraktion. Die schlanke Form dieses 27-stöckigen, 85.000 Quadratmeter großen Bürogebäudes lässt das Licht durch und sorgt für Transparenz, da es schwerelos im Himmel zu schweben scheint. Die 100 000 Quadratmeter seiner doppelt verglasten Fassade machen das Glas zu seinem bestimmenden Merkmal, da es durch seine schillernde Klarheit die Farbe des Himmels in sich aufnimmt.

Der Eingang materialisiert sich als ein großes, auskragendes Stahldach, das zum Wasser hin abfällt. Zu beiden Seiten wehen die Flaggen von 38 EPA-Mitgliedern hoch über dem Wasser und spiegeln sich über die gesamte Länge der Fassade in unterschiedlichen Höhen im Glas. Die Lobby ist bis zu sechs Meter hoch und über den gesamten Umfang mit Tageslicht durchflutet, während sich Wartebereiche und eine Bar auf Wasserspiegelhöhe befinden. Die Büroetagen sind offen, linear und orthogonal zum Himmel. Der weite Ausblick des zentralen Korridors geht in den leeren Raum über - den Horizont.

2019 wurde das EPA-Gebäude vom Council on Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH) mit dem internationalen Preis für das beste Bürohochhaus (‘Best Tall Office Building’) ausgezeichnet.

Eine Stahlkonstruktion mit hochfesten Stahlprofilen von ArcelorMittal

Der Bedarf an maximaler Flexibilität und die transparenten Fassaden sprachen für die Wahl eines Stahltragwerks, doch ausschlaggebend war auch, dass dadurch eine Reduktion des Baugewicht erreicht werden konnte. Außerdem konnte das 27-stöckige Gebäude so effizient und zeitnah errichtet werden, trotz des begrenzten Platzes auf der Baustelle für die Lagerung von Baumaterial und den Einsatz von großen Baumaschinen.

Um die Tragfähigkeit der Konstruktion zu maximieren und das Gewicht weiter zu begrenzen, wurden die hochfesten HISTAR®-Stähle von ArcelorMittal für einige der Stahlprofile eingesetzt, welche als Stützen und andere Tragwerkskomponenten agieren. HISTAR®-Stähle kombinieren hohe Festigkeit mit ausgezeichneter Zähigkeit bei niedrigen Temperaturen und hervorragender Schweißbarkeit – ideale Eigenschaften für Hochhäuser wie das EPA-Gebäude.

Sechs Hauptbinder von jeweils etwa 52 Tonnen bilden das Rückgrat der Haupttragstruktur. In den unteren fünf Etagen ermöglichen einzelne, 22 Meter lange Stützen aus dreifachen HD-Profilen eine optimale Lastabtragung in das Fundament.

Das ArcelorMittal Steligence®-Anarbeitungszentrum lieferte 3300 Tonnen Doppel- und Dreifach-Primärstützen mit HD 400 x 1086 in HISTAR® 355 und 700 Tonnen Einzel-Sekundär-HD-Stützen in HISTAR® 355. Dreifach-Stützen mit einer Länge von bis zu 22 m wurden durch Zusammenschweißen gebildet, die Binderkonstruktionen sind 6 m hoch mit einer Länge von 18 m.

Die Sekundärstruktur- und Stabilitätsrahmen wurden mit 3000 Tonnen HISTAR® 355 und HISTAR® 460 realisiert.

Das gesamte Tragwerk ist auf 1250 Fundamentpfählen auf einem Betonfundament platziert. Die Sockel umfassen sechs, je 16 Tonnen schwere Stahlgrundplatten, welche die Last gleichmäßig auf das Fundament verteilen. Die großen Hauptbinder wurden nachts per Spezialtransport auf die Baustelle gebracht, um Verkehrsbeeinträchtigungen zu vermeiden, und mit einem mobilen 300-Tonnen-Kran aufgebaut.

Ein Modell für ein nachhaltiges Bürogebäude

Das Design des Gebäudes legt großen Wert auf Nachhaltigkeit, mit minimalen Auswirkungen auf die Umwelt und gesundheitsfördernden, sicheren und komfortablen Innenraumbedingungen für Mitarbeiter und Besucher. Das EPA hat festgelegt, die Anforderungen der Energieeffizienz des neuen Gebäudes um 20% höher anzusetzen als jene, die von den Niederlanden im Rahmen seiner Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften festgelegt sind. Um diese Nachhaltigkeit zu gewährleisten, wurden Kriterien aus dem niederländischen BREEAM-NL und den deutschen BNB-Methoden zur Umweltprüfung in die Designvorgaben für das Gebäude aufgenommen.

Zu den Nachhaltigkeitsmerkmalen gehören:
•    die Maximierung des natürlichen Lichts,
•    16 000 LED-Leuchten, die 430 000 Kilowattstunden pro Jahr einsparen,
•    Frischluft aus dem Hohlraum zwischen den beiden Glasfassaden wird in das intelligente Lüftungs- und Klimasystem geleitet,
•    Photovoltaik-Solarmodule auf dem Dach versorgen das Gebäude mit erneuerbarer Energie,
•    Regenwasser wird gesammelt und zur Ergänzung der konventionellen Wasserversorgung für Toiletten und zur Bewässerung von Pflanzen und Blumen verwendet,
•    300 Pflanzensorten bedecken 2300 m2,
•    Ein thermisches Aquifer-Energiespeichersystem (ATES) reduziert den Primärenergieverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen

Weitere Details

•    Budget von 205 Mio. EUR
•    Der Bau begann 2014 und wurde 2018 abgeschlossen.
•    Das Gebäude ist 156 m lang, 107 m hoch und 24,7 m breit von Fassade zu Fassade.
•    Unter dem Gebäude befindet sich eine zweigeschossige Parkgarage.
•    Das Gebäude umfasst einen Dachgarten, Büros, technische Einrichtungen, Gesundheitsdienste, ein Schulungszentrum, Tagungsräume, eine Kaffeeecke, ein Restaurant, einen Sozialbereich und Geschäfte.
•    1950 Arbeitsplätze für Mitarbeiter.
•    In dem 8 Meter breiten Hohlraum zwischen den beiden Fassaden wurden 198 Pflanzkästen installiert.

Projektdaten

  • Rijswijk/Den Haag
  • Niederlande
  • 2018
  • Architekten:
    Ateliers Jean Nouvel and Dam & Partners Architecten
  • Ingenieurbüro:
    Zonneveld Ingenieurs, Rotterdam (Tragwerk)
    Croonwolter&dros, RotterdamDeerns, Rijswijk (Bautechnik)
    Peutz, Zoetermeer (Klimatechnik, Brandschutz und Schalltechnik)
  • Bauherr:
    Europäisches Patentamt (EPA)
  • Bauunternehmen:
    Generalbauunternehmen: TBI Consortium New Main (J.P. van Eesteren und Croonwolter&dro)
    Stahlbau: Rijndijk Construction (Andus Group)
  • Text:
    Constructalia
  • Fotos:
    ©Ronald Tilleman
    ©Ossip Van Duivenbode/Alle Rechte ligen beim EPA
    ©Ateliers Jean Nouvel