Rathaus & Hauptbahnhof Delft: Eine unvergessliche Ankunft mit HISTAR® und IFB-Deckenträgern

Dank der innovativen Architektur von Mecanoo Architecten ist die Ankunft in Delft per Bahn zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden: Das Gebäude des neuen Hauptbahnhofs, in dem sich auch das Rathaus befindet, sitzt auf einem ebenfalls erst kürzlich errichteten Bahntunnel. Dieser ersetzt eine alte Betonbrücke, welche die Stadt seit 1965 entzweit hatte. Von den Bahnsteigen führt eine Rolltreppe in eine öffentliche Halle mit einer beeindruckenden Decke, auf der ein historischer Stadtplan von Delft abgebildet ist.

Beschreibung

Der Entwurf: Verflechtung von Vergangenheit und Gegenwart

Von Anfang an bestand die Idee der Architekten von Mecanoo darin, den Bahnhof so zu gestalten, dass den Reisenden sofort klar ist, wo sie angekommen sind – nicht nur den Touristen und Besuchern von Delft, sondern auch den Pendlern, die täglich nach Amsterdam oder Rotterdam zur Arbeit fahren.

„Der Charakter von Delft und die Verflechtung der Vergangenheit und Zukunft waren die Ausgangspunkte für den architektonischen Entwurf. Diese Stadt ist geprägt von historischen Gebäuden und Kanälen und war früher als ‘Prinsenstad’ (Prinzenstadt) bekannt, sie ist tief mit der königlichen Familie der Niederlande verwurzelt. Heute liegt Delft im Spitzenfeld der Technik: die Technische Universität Delft, mit einer der besten Architekturhochschulen Europas, gehört zur Weltspitze im Bereich Innovation im Ingenieurwesen,“ erklären die Architekten.

Die Bahnhofshalle und Delft Blauw-Keramik

Auf der gewölbten Decke der öffentlichen Halle, die die Bahnhofshalle mit dem Rathaus verbindet, ist ein riesiger, historischer Stadtplan von Delft und Umgebung aus dem Jahre 1877 abgebildet. Der 110 x 70 Meter große Plan wurde auf 1929 Lamellen gedruckt, die Perspektive des Betrachters verändert sich während er den Raum durchquert.

Die Wände und Säulen in der Bahnhofshalle sind mit einer zeitgenössischen Interpretation der blauen Delfter Keramikfliesen dekoriert, inspiriert von der traditionellen Delftware-Töpferware, für die die Stadt bekannt ist. Die zerbrochenen Fliesen wurden von Hand auf den Wänden und Säulen verlegt und formen ein mosaik-ähnliches Design exquisiter Handwerkskunst.

Ein Gebäude, das den holländischen Himmel reflektiert

Die Glasfassade des Gebäudes wurde so entworfen, dass sie den Himmel reflektiert und ist von der ganzen Stadt aus sichtbar. Die Paneele aus Schmelzglas mit den linsenförmigen Einprägungen erinnern an Fenster aus Butzenglas, wie sie in Holland typisch sind. Die Anordnung und der Rhythmus der durchsichtigen Scheiben aus Hochleistungsglas und der undurchsichtigen Schmelzglas-Scheiben ermöglichen einen hohen Grad an Energieeffizienz.

Durch die transparente Fassade im Erdgeschoss verschwimmen Innenraum und Außenflächen und der Bahnhof wird Teil des täglichen Lebens in Delft.

Das Rathaus und die öffentlichen Ämter

Die Hallen sind durch eine Glaswand und zwei weitere Baukörper getrennt, die öffentliche Schalter, Beratungsräume, die technische Ausstattung des Amtsgebäudes und die Geschäftsflächen der Bahnhofshalle beherbergen. Entlang der Fassaden sind Großraumbüroflächen angeordnet, somit sind optimale Aussicht und natürliche Beleuchtung garantiert. Die Büroflächen des Rathauses wird von gigantischen Fachwerkträgern durchschnitten, welche die großen Spannweiten der daruntergelegenen Bahnhofshalle ermöglichen.

Kompakt und effizient

Im Laufe des gesamten Planungsprozesses wurde der Baukörper immer wieder verkleinert und umgeformt, um das Gebäude kompakter und effizienter zu gestalten. Die an den Ecken herabgesetzten Dachlinien sollen einen sukzessiven Übergang zu den bestehenden, niedrigeren Bauwerken im Delfter Stadtzentrum und dem angrenzenden Westviertel bilden. Das Gebäude verbindet die Innenstadt im Osten des Bahntunnels mit der Wohngegend im Westen und richtet somit das Stadtzentrum Delfts neu aus.  Einschnitte im Glasbaukörper des Rathauses lassen engen Gassen und Innenhöfe entstehen, die an das historische Stadtzentrum von Delft erinnern.

Stahlprofile und Deckenträger von ArcelorMittal

ArcelorMittal Europe – Long Products lieferte mehr als 1000 Tonnen Profilstahl für den Bau dieses Gebäudes, darunter rund 400 Tonnen HD-Profile in hochfestem HISTAR® 355 und 285 Tonnen IFB-Deckenträger (Integrated Floor Beams).

Die HD-Profile in HISTAR® 355-Stahl wurden für die Fachwerkträger eingesetzt, die das weitgespannte Dach der Bahnhofshalle vom darüberliegenden Geschoss aus tragen, wurden über ArcelorMittal Distribution geliefert. HISTAR® 355 ist ein innovativer Baustahl mit niedrigem Legierungsanteil und einer Streckgrenze von 355 MPa. Er verbindet somit hohe Festigkeit mit exzellenter Zähigkeit bei niedrigen Temperaturen und einer besonders guten Schweißbarkeit – diese Materialeigenschaften galten bis vor kurzem als unvereinbar.

Die IFB-Deckenträger, geliefert vom ArcelorMittal-Anarbeitungszentrum Eurostructures, optimieren die Geschosshöhe, da sie mit ihrer asymmetrischen Form in die Deckenplatte integriert werden. Dadurch kann die Deckenhöhe reduziert und ein oder mehrere zusätzliche Geschosse gebaut werden. Das System ermöglicht auch eine einfache Befestigung der Gebäudetechnik und erfüllt die Brandschutzbestimmungen.

Ein nachhaltiges Gebäude dank seiner Fassade

Die Gebäudehülle besteht aus Schmelzglaspaneelen, die an Glas aus dem 17. Jahrhundert (Butzenglas) erinnern und den Himmel reflektieren, und aus Hochleistungsglas für optimale Energieeffizienz.

Die Fassade ist auf die unterschiedlichen Richtungen der Sonneneinstrahlung angepasst, der entscheidende Faktor für die Glasstärke je nach Bereich. So wird Tageslicht optimiert und die Erwärmung des Gebäudes in den Sommermonaten eingeschränkt. Das Glas hat einen hohen Lichtabsorptionsfaktor, jedoch eine geringe Absorption der Sonneneinstrahlung. Alle Fenster können händisch geöffnet werden, um Benutzerkomfort und natürliche Belüftung zu gewährleisten. Photovoltaikmodule auf dem Dach liefern 20% des Stroms für die Gebäudetechnik und die durch Bewegungsmelder gesteuerte Beleuchtung. Der GreenCalc+-Wert* liegt bei 270.

Details

Rathaus:
•    19 430 m² Nutzfläche, angeordnet um Innenhöfe
•    beinhaltet einen überdachten Fahrrad-Parkplatz, ein Archiv, Ladezonen und eine öffentliche Lobby mit 2230m²

Bahnhof:
•    28 320m²
•    Die öffentliche Vorhalle ist mit der 2450m² großen Bahnhofshalle verbunden.
•    850m2 Geschäfts- und Restaurantflächen
•    Die U-Bahnsteige wurden von Benthem Crouwel Architects entworfen.



*GreenCalc wurde von der niederländischen Sureac-Stiftung entwickelt, im Namen der Niederländischen Agentur für Regierungsgebäude, ursprünglich zur Bewertung von staatlichen Gebäuden. Der Nachfolger, GreenCalc + (GC +) ist ein Programm zur Berechnung der Umweltkosten, das Materialeinsatz, Energie- und Wasserverbrauch und Bewegung der Benutzer innerhalb des Gebäudes berechnet. Die Summe all dieser Ergebnisse (in Euro) ergibt einen “Umweltwert”; die Punktzahl des Gebäudes im Vergleich zu einem Referenzgebäude.

Projektdaten

  • Delft
  • Niederlande
  • Architekt:
    Mecanoo Architecten
  • 2015/2017
  • Ingenieurbüro:
    ABT (Tragwerk), Deerns Raadgevende Ingenieurs (Technik)
  • Stahlbauunternehmen:
    Hollandia
  • Generaubauunternehmen:
    BAM Utiliteitsbouw
  • Auftraggeber:
    Ontwikkelingsbedrijf Spoorzone Delft
  • Fotos & technische Details:
    Mecanoo Architecten
  • Text:
    Mecanoo Architecten, Constructalia