Die Vorteile, die Stahlspundwandlösungen für eine nachhaltige Hafeninfrastruktur bieten, nehmen mit den Weiterentwicklungen in den Bereichen neue Stahlsorten, Gewichtsreduzierung, Korrosionsschutz, Recyclingfähigkeit und Verringerung der Umweltbelastung stetig zu.
Technologische Fortschritte
Stahlspundwände werden seit fast 100 Jahren in Häfen für die Errichtung von Kaimauern verwendet. Sie ersetzten Ende des 19. Jahrhunderts die Holzspundwände, weil das Holz knapp wurde.
Seitdem wurden weltweit zahlreiche Kaimauern, Molen und Wellenbrecher mit Stahlspundwänden gebaut. Die Weiterentwicklung der Profilformen in Verbindung mit der Verbesserung der Stahlsorten ermöglichte es, immer tiefere maritime Konstruktionen zu entwerfen, um der zunehmenden Größe der Schiffe Rechnung zu tragen.
Forschung und Entwicklung trugen in mehrfacher Hinsicht dazu bei, die Umweltauswirkungen des Stahls zu verringern. Erstens durch die Verringerung der Stahlmenge, die für den Bau gleichwertiger Strukturen erforderlich ist, und zweitens durch die Entwicklung neuer Produktionsverfahren, bei denen Stahl recycelt wird.
Die Dauerhaftigkeit ist ein wichtiges Kriterium der Nachhaltigkeit und eine der größten Herausforderungen für maritime Strukturen. Sowohl Stahl als auch Stahlbeton sind von dieser rauen Umgebung betroffen. Die Bauindustrie sucht nach neuen innovativen Lösungen, um die Lebensdauer zu erhöhen und die Wartungskosten während des gesamten Lebenszyklus zu senken.
Der zweite Aspekt der Nachhaltigkeit ist die Umwelt. Finanzielle Erwägungen werden immer ein wichtiger Faktor bei der Wahl der technischen Lösung sein, aber die Welt verändert sich, und in den letzten Jahren gewannen Umweltaspekte in dem komplexen Entscheidungsprozess immer mehr an Bedeutung.
Der unaufhaltsame Fortschritt bei den Walztechniken und die Entwicklung effizienterer Rammtechniken haben die Hersteller von Stahlspundwänden dazu veranlasst, die Effizienz ihrer Produkte zu verbessern, mit dem Ziel, ihre Konkurrenten zu übertreffen. So ist beispielsweise die Gewichtsreduzierung zwischen den verschiedenen Generationen von Z-Spundwandprofilen mit gleichem Widerstandsmoment beträchtlich: Das neue AZ®-800, das 2015 auf den Markt kam, ist mehr als 25 % leichter als ein entsprechendes BZ-Profil aus den 1950er Jahren.
Auch das 2008 eingeführte Stahlwandsystem mit hohem Widerstandsmoment HZ®-M übertrifft das alte HZ-System aus den 1970er Jahren, mit mindestens 10 % weniger Gewicht. Sein maximaler Widerstand (maximales Widerstandsmoment) hat sich mehr als verdoppelt.
Berücksichtigt man außerdem die um bis zu 30 % gestiegene Streckgrenze der aktuellen Stahlsorten, so hat sich die Masse des Stahls, die für den Bau genau derselben Spundwandkonstruktion erforderlich ist, in den letzten Jahrzehnten um mehr als 50 % verringert!
Korrosionsschutz
Korrosion ist einer der wichtigsten Parameter für die Optimierung einer Stahlkonstruktion in einer Meeresumgebung. Es ist relativ schwierig, die Verringerung der Dicke eines Stahlelements im Meerwasser abzuschätzen, da viele Faktoren das Korrosionsphänomen beeinflussen. Diese Faktoren können sich auch während der Lebensdauer der Konstruktion ändern. Um die Dauerhaftigkeit zu verbessern, wurden in den letzten Jahren neue Stahlsorten speziell für maritime Anwendungen entwickelt. Auf der Grundlage von mehr als 15 Jahren, in denen Stahlproben in einem britischen Hafen dem Meerwasser ausgesetzt waren, sind die gemessenen Korrosionsraten der Stahlsorte AMLoCor® in der Niedrigwasserzone und im permanenten Unterwasserbereich bis zu fünfmal geringer als die von Standard-Kohlenstoffstahl.
AMLoCor® hat eine deutsche technische Zulassung erhalten und kann daher, auch wenn er mehr Legierungen als ein im Bauwesen verwendeter Standardstahl enthält, nach den internationalen Baunormen für Stahl bemessen werden kann. So wurden 2016 etwa 4000 Tonnen Stahlspundbohlen aus AMLoCor im neuen Unitterminal im Hafen von Koege, Dänemark, verbaut.
Geringere Korrosionsraten können zu leichteren Spundwandprofilen führen und die Notwendigkeit von Beschichtungen vermeiden. Dies ist eine typische Win-Win-Situation für die Umwelt.
Recyclingfähigkeit, Umwelt-Produktdeklarationen und Ökobilanzen
Stahl ist langlebig und widerstandsfähig, aber er hat noch eine weitere herausragende Eigenschaft: Stahl kann immer wieder recycelt werden. Das Recycling schont die natürlichen Ressourcen und trägt somit zu einer nachhaltigeren Welt bei. Stahl ist ein umweltfreundliches Material, und 100 % des Stahls in jedem Bauwerk kann rückgewonnen und recycelt werden.
Die Herausforderung im Hafenbau besteht darin, dass alte Strukturen nicht immer abgebaut werden. In einigen Jahrzehnten jedoch wird die Rückgewinnung der verschiedenen Baumaterialien zur weiteren Verarbeitung, vorzugsweise zum Recycling, für jeden Bauherrn eine Selbstverständlichkeit sein. Die Bauindustrie berücksichtigt bereits Umweltkriterien, zum Beispiel bei der Zertifizierung von „grünen“ Gebäuden (Labels wie LEED, BREEAM usw.). Es ist erwähnenswert, dass einige europäische Verwaltungen bereits Nachhaltigkeitskriterien in ihre Ausschreibungen für öffentliche Arbeiten einbeziehen, basierend auf der ‚Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe‘. Eine Methode besteht darin, die verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien zu monetarisieren, zum Beispiel durch die Vergabe von Credits auf der Grundlage einer Ökobilanz (umweltfreundliche Materialien erhalten mehr Credits).
Die Schwierigkeit beim Vergleich alternativer Lösungen unter Umweltgesichtspunkten besteht darin, dass keine zuverlässigen Informationen über die Umweltauswirkungen der einzelnen Materialien vorliegen. Die Auswirkungen des Einbaus, der Nutzungsphase und des Recyclings nach der Nutzungsdauer sind nicht leicht zu berechnen. Die Hauptfaktoren für die Umweltauswirkungen eines Bauwerks müssen durch eine Lebenszyklusanalyse (LCA) gemäß ISO-Normen analysiert werden, wobei jede Phase des Bauwerks, einschließlich des Recyclings des Materials, zu berücksichtigen ist.
Eine Umweltprodukt-Deklaration (EPD) für ein bestimmtes Produkt (spezifische Verwendung) vereinfacht solche Vergleiche. Sie besteht aus einer Ökobilanz unter Verwendung von Daten, die von einem oder mehreren Produktionswerken (Stahl- und Walzwerken) für bestimmte Produkte bereitgestellt werden. Die Annahmen zu den Wiederverwendungs- und Recyclingraten hängen von der Verwendung der Produkte ab. Stahlspundwände können mehrmals für temporäre Anwendungen wiederverwendet werden, aber die meisten von ihnen werden in permanenten Strukturen für eine Lebensdauer von 30 bis 100 Jahren verwendet. Einige Module, wie die Produktion von der Wiege bis zum Tor (Cradle-to-Gate - Module A1 bis A3 der EN 15804), sind obligatorisch. Andere sind der Entscheidung des Herstellers überlassen.
ArcelorMittal ist Vorreiter und hat als erster Hersteller von Stahlspundwänden im Jahr 2016 eine von Fachleuten überprüfte EPD nach den neuesten ISO- und EN-Normen für Stahlprodukte veröffentlicht, im Juni 2018 kam eine spezifischere EPD für EcoSheetPiles™ heraus. Bei EcoSheetPiles™ handelt es sich um Spundwände, die ausschließlich aus Schrott in einem Elektrolichtbogenofen hergestellt werden.
Der nächste Schritt in der Branche sollte die Entwicklung benutzerfreundlicherer Arbeitshilfen sein, um den Vergleich von Ökobilanzen mit verschiedenen Materialien durchzuführen. Es ist wichtig zu erwähnen, dass Ökobilanzen Alternativen für dieselbe Funktionseinheit vergleichen sollten.
Die von ArcelorMittal in der Vergangenheit durchgeführten Ökobilanzen haben gezeigt, dass Stahl bei einigen Kaimauerkonfigurationen einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat als alternative Materialien, vorausgesetzt, dass die Stahlelemente nach der Lebensdauer der Struktur wiederverwertet und recycelt werden.
Als Beispiel zeigt das folgende Diagramm eine vereinfachte Ökobilanz für den Parameter „Treibhauspotenzial“ (CO2) unter Verwendung realistischer Annahmen für ein Projekt in Dänemark, bei dem 2235 t Spundbohlen, die in Belval, Luxemburg, hergestellt wurden, per Bahn nach Antwerpen, Belgien (ca. 328 km) und dann per Schiff nach Kalundborg, Dänemark (ca.1285 km) transportiert wurden. Zwischen den EPDs und den Annahmen, die in einer Ökobilanz für ein bestimmtes Projekt gemacht werden, kann es große Unterschiede geben. Natürlich hat der Transport nur einen sehr geringen Einfluss auf den gesamten Kohlenstoff-Fußabdruck der Lösung. Installation, Wartung und Demontage können in den meisten Fällen ebenfalls vernachlässigt werden (nicht in der Grafik dargestellt). Das folgende Diagramm basiert auf einer Recyclingquote von 99 % des Stahls und keiner Wiederverwendung.
Der Schlüsselparameter ist zweifelsohne die Wiederverwendungs- und Recyclingquote. Die Herstellung im Elektrolichtbogenofen verringert die Umweltauswirkungen einer Spundwandlösung erheblich. Modul D berücksichtigt den Einfluss der Wiederverwendung und des Recyclings von Stahl, aber da es nicht obligatorisch ist, dies anzugeben, wird es von einigen Behörden in der Ökobilanz nicht berücksichtigt. Unserer Meinung nach sollte Modul D immer berücksichtigt werden, was nun auch der Fall ist bei der Euronorm EN 15804-A2 von 2019.
Beitrag zur Kreislaufwirtschaft
Kreislaufwirtschaft ist ein moderner Begriff, der die Wiederverwendung von Produkten und Materialien und damit die Verringerung der Verschwendung natürlicher Ressourcen umfasst. Stahlspundwände waren in dem Bereich ein Vorreiter, denn sie können mehrmals für temporäre Ausgrabungen wiederverwendet werden, bevor sie verschrottet werden, manchmal werden sie sogar für dauerhafte Strukturen wiederverwendet. Wir haben schon Stahlspundbohlen gesehen, die bis zu 10-mal verwendet wurden. Auch die Vermietung von Stahlspundwänden trägt zur Kreislaufwirtschaft bei (Wiederverwendung).
Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Ziel für neue Hafeninfrastrukturen in der Zukunft. Es wird mit Sicherheit eine Herausforderung sein, und innovative Stahllösungen können definitiv dazu beitragen, dieses wichtige Ziel zu erreichen.
Text:
João Martins, ArcelorMittal Sheet Piling (VII Congreso Nacional de la Asociación Técnica de Puertos y Costas, 2019)
Constructalia
Bilder:
© ArcelorMittal Sheet Piling
Weiterführende Links
Source